Das Bundesverfassungsgericht hat vor vielen Jahren entschieden, dass der Pflichtteil Verfassungsrang hat (Artikel 14 des Grundgesetzes). Aus diesem Grund ist eine willkürliche Entziehung des Pflichtteils durch den Erblasser nicht zulässig. Es muss ein extremer Ausnahmefall vorliegen.Diese Ausnahmefälle listet § 2333 BGB auf: Der Erblasser kann den Pflichtteil entziehen, wenn der Pflichtteilsberechtigte
– dem Erblasser, dessen Ehegatten, einem seiner Kinder oder einer dieser ähnlich nahestehenden Person nach dem Leben trachtet. Dies ist dann der Fall, wenn der Pflichtteilsberechtigte eine dieser Personen entweder tötet oder dies zumindest versucht.
– wenn der Pflichtsberechtigte ein Verbrechen im Sinne des Strafgesetzbuches oder ein schweres vorsätzliches Vergehen gegen eine der oben genannten Personen begangenen hat.
– wenn der Pflichtteilsberechtigte seine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser böswillig, das heißt mit voller Absicht und auch mit Schädigungsabsicht, verletzt hat. In der Praxis ist dies nur bei einer Unterhaltsverpflichtung von Kindern gegenüber Eltern relevant.
– wenn der Pflichtteilsberechtigte wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wurde und es für den Erblasser unzumutbar wäre, dass dennoch der Pflichtteil gezahlt werden muss.
Liegt ausnahmsweise tatsächlich einer der Pflichtteilsentziehungsgründe vor, so ist zwingend die Formvorschrift des § 2336 BGB zu beachten: Die Pflichtteilsentziehung kann nur durch Testament oder Erbvertrag erfolgen. Der Entziehungsgrund muss naturgemäß bereits bei Errichtung des Testaments bestehen und er muss in diesem detaiiliert angegeben werden.
Selbst wenn alle diese Formvorschriften gewahrt sind, ist es noch nicht sicher, ob ein solcher Pflichtteilsentzug auch tatsächlich Bestand hat. Macht der Pflichtteilsberechtigte nach dem Erbfall seinen Pflichtteil dennoch geltend, muss der Erbe beweisen, dass der Grund für die Entziehung des Pflichtteils auch tatsächlich bestand.
Falls Sie hierzu Fragen haben, kontaktieren Sie mich gerne telefonisch unter 0631-20 58940.
Ihr RA Stefan Walter